Chronik

Kleingartenanlage "Gartenstadt Waltrop"

„Waltrop bekommt eine Kleingartenanlage.“ Dieser Ratsbeschluss von 1976 erregte großes Aufsehen. Es war ein bürgernaher Beschluss. Die Stadt hat ihr Geld nie besser angelegt, versicherte Bürgermeister Jochen Münzner zehn Jahre später. Den Anstoß zur Erstellung der Kleingartenanlage gab Norbert Frey, 1976 Stadtkämmerer und später Stadtdirektor. Weitsichtig trugen beide, Kämmerer wie Bürgermeister, schon in der Planungsphase Sorge dafür, dass die geplante Anlage als Dauerkleingartenlage im Bebauungsplan festgeschrieben wurde. Das Interesse der Waltroper Bürger an einem Kleingarten war von Anfang an groß. Bei einer Informationsveranstaltung der Waltroper Stadtverwaltung und des Landesverbandes der Kleingärtner Ende 1976 bekundeten weit über 200 Waltroper ihr Interesse an einer der 96 Parzellen. Die Gründungsversammlung am 9. Mai 1977 füllte wieder die Stadthalle. Zum Kleingärtner fühlte sich jeder berufen. Die Führung eines völlig neuen Vereins ohne jede Tradition zu übernehmen, der sich in Waltrop weder auf Vorbilder noch Tradition stützen konnte und dies mit lauter unbekannten Mitgliedern, dieses schwere Amt mochte so recht niemand antreten. Der Hauptgeschäftsführer des Landesverbandes, Wolfgang Sulk, versicherte wortreich alle Hilfe des Verbandes, doch niemand rührte sich oder bewegte den Kopf, um nicht selbst -ausgeguckt zu werden, geschweige dass sich ein Arm hob. Bis ein erleichterter Ruf durch die Halle ging: -Da ist einer. Und dann ging ein Arm hoch - oder wurde er gehoben? Nur wenige kannten ihn: Manfred Fischer. Er war ein Glücksfall für den Verein.

Männer der ersten Stunde

Manfred Fischer (links mit Bürgermeister Münzner) brachte alle Voraussetzungen mit, die sich ein Verein für seine Leitung nur wünschen kann: einzigartiges Engagement und hohe Qualifikation im kaufmännischen und technischen Bereich. Er hatte hervorragende Ideen und vermochte, seine Vorstandskollegen und die Vereinsmitglieder auch davon zu überzeugen. Dabei verlor er nie das Augenmaß für das Machbare. Und so hatte er während seiner gesamten Amtszeit, die 1999 mit seinem frühen Tod endete, die Mitglieder stets in überwältigender Mehrheit hinter sich. Eine ebenso glückliche Wahl traf die Gründungsversammlung mit seinen weiteren Vorstandsmitgliedern: Fritz Seega als Stellvertretendem Vorsitzenden, dem ebenfalls viel zu früh verstorbenen Schriftführer Hugo Schulz, und später Ewald Klöting als seinem Nachfolger sowie dem Kassierer Günter Warnberger. Heute wird der Verein von Karl-Heinz Böhm als Vorsitzendem geleitet. Ihm steht Hermann Mühlenbein als Stellvertreter zur Seite. Dieter Jürgens bekleidet das Amt als Schriftführers, Anton Welling verwaltet die Finanzern, dies bereits seit 25 Jahren.

Komplett in Eigenleistung

Die gesamte Kleingartenanlage entstand in Eigenleistung. Kompetente Leiter für die verschiedenen Gewerke fanden sich unter den Mitgliedern. Die handwerklich-fachliche Durchführung der Arbeiten war gesichert.

Am 21. November 1977 senkte Bürgermeister Jochen Münzer die Schaufel eines Radladers erstmals in den morastigen Boden des Geländes, das sich bald in eine schöne Gartenlandschaft verwandeln würde. In enger, unbürokratischer Kooperation zwischen Stadtverwaltung und Verein gingen die Arbeiten zur Erschließung des Geländes sofort zügig voran. Und sobald es das Wetter zuließ, packten die Kleingärtner zu. Insgesamt wurden für die Erstellung der Infrastruktur über 15.000 Arbeitsstunden von den Vereinsmitgliedern erbracht. In gemeinschaftlicher Arbeit entstanden auch die 96 Gartenlauben. Wer nicht mauern konnte, durfte Steine oder Speis herankarren oder wenn er Glück hatte Speis mischen. Viele Mitglieder opferten ihren Jahresurlaub, jeder freie Samstag wurde in der Kleingartenanlage verbracht. Und schon am 2. Oktober 1978 konnte das Richtfest der ersten Laube gefeiert werden. An diesem Tage wurden den Mitgliedern auch ihre Parzellen zugewiesen. Die Erstellung der Lauben in Gemeinschaftsarbeit ist bislang einzigartig im deutschen Kleingartenwesen. In gemeinschaftlicher Arbeit entstand auch das Wegebegleitende Grün. Etwa 6.000 Rosen und über 130 Sträucher unterschiedlichster Arten wurden neu gepflanzt. Für die Kinder entstand ein großer, moderner Spielplatz mit etlichen Großgeräten. Am 19. August 1979 schließlich weihte Bürgermeister Jochen Münzner die “Gartenstadt Waltrop” feierlich ein. Bis dahin hatte jeder -Gartenstädter zwischen 12.000 und 17.000 Mark in seine Laube und Parzelle investiert. Ingesamt also flossen allein durch die Lauben- und Gartenausgestaltung um die 1,5 Mio. Mark in den heimischen Handel. Auch das repräsentative Vereinshaus, das größte im Bezirksverband Castrop-Rauxel/Waltrop entstand in Eigenleistung. Am 2. April 1983 grub sich erstmals der offizielle Spaten in den Boden. Die Einweihung wurde am 14. April 1985 gefeiert. Jedes der damals 216 Mitglieder hatte 235 Arbeitsstunden erbracht, die Baufachleute deutlich mehr.

Überregionale Anerkennung

Bundesweite Anerkennung erfuhren Stadt wie Gartenstadt schon 1981. Im Wettbewerb -”Gärten im Städtebau” errangen sie die Goldmedaille. In der Laudatio wurde neben dem hervorragenden optischen Eindruck die stadtnahe Einbindung der Anlage in den städtischen Grüngürtel besonders hervorgehoben. Mit einer Broncemedaille wurde 2005 die Teilnahme am Landeswettbewerb -”Gärten im Städtebau” honoriert.

Eine der schönsten Anlagen im Bezirksverband

Mit großem Engagement nimmt die “Gartenstadt Waltrop” an dem alle zwei Jahre stattfindenden Anlagenwettbewerb teil. War die Teilnahme zunächst vom olympischen Gedanken getragen, fand die - Gartenstadt zunehmend Anerkennung bei den nordrhein-westfälischen Juroren. Im Jahr 2000 wurde der Ehrgeiz schließlich mit dem Sieg belohnt, nachdem zuvor bereits 1994 der dritte, sowie 1996 und 1998 der zweite Platz belegt wurde. Beim Wettbewerb des Jahres 2002 konnte der 2. Platz erreicht werden, 2004 der dritte Platz. Die Gartenstadt ist somit eine der schönsten Anlagen des Bezirksverbandes.

Ökologisches Bewusstsein

Ökologisches Denken und das Bewusstsein der großen Verantwortung gegenüber der Natur setzte sich in der “Gartenstadt Waltrop” sehr schnell durch und bestimmt seit vielen Jahren das gärtnerische Tun. Diese Überzeugung manifestiert sich in zahlreichen, ökologisch wertvollen Objekten in der “Gartenstadt Waltrop” und naturbezogenen Aktionen mit Kindergärten und Schulen, die ständig erweitert werden.